Forschungsprojekt Virtuelle Mitarbeiter:innen

Rechtsfragen rund um betriebliche Mitbestimmung von virtuellen Mitarbeiter:innen in virtuellen, internationalen Teams

 

 

Ort, an dem die Arbeit verrichtet wird – Beschäftigungsort - Gewöhnlicher Arbeitsort

Wer diese Begrifflichkeiten hört, hat eine Person vor Augen, die sich täglich in die Büroräumlichkeiten des Betriebs des/der Arbeitgeber:in begibt, dort ihre Arbeit verrichtet und am Ende des Arbeitstages wieder nach Hause fährt. Diese „klassische“ Ausgestaltung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ist im Zeitalter der Digitalisierung und des Arbeitsrechts 4.0 zunehmend seltener geworden. Das Internet der Dinge hat ermöglicht, dass eine digitale Zusammenarbeit im virtuellen Raum ebenso effizient und reibungslos erfolgen kann wie eine traditionelle Arbeitsteilung vor Ort.

Dennoch werden diese Begrifflichkeiten von Lehre und Rechtsprechung in einem traditionell-klassischen Sinn verstanden. Das auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Arbeits- und Sozialrecht richtet sich primär danach, wo die betreffende Person physisch die Arbeitsleistung erbringt. Das kann betreffend disloziert arbeitenden Personen zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen. Man stelle sich vor: Ein Unternehmen mit Sitz in Österreich stellt Arbeitskräfte und rekrutiert auch außerhalb der inländischen Grenzen. Hat man eine:n Mitarbeiter:in gefunden, ist es heutzutage für die Zusammenarbeit nicht mehr notwendig, dass er/sie den Wohnsitz auch nach Österreich verlegt. Es wäre beispielsweise auch denkbar, die Person über eine ausländische Tochtergesellschaft in deren Wohnsitzstaat anzustellen. Die Arbeitsleistung wird aber dennoch für das österreichische Unternehmen erbracht. Was einst Treffen im Besprechungszimmer waren, sind nun Online-Meetings. Wenn die Ergebnisse des Arbeitsprozesses früher zur Abgabe auf den Schreibtisch des/der Vorgesetzten gelegt wurden, werden sie heutzutage auf ein internes Netzwerk hochgeladen. Wenn zwei oder mehrere Kolleg:innen an einem Projekt zusammenarbeiten, müssen sie nicht zwingend nebeneinander sitzen, sondern können dies im Wege von Shared-Documents lösen. Die Integration in die Organisation des österreichischen Betriebes ist trotz der physischen Abwesenheit derart intensiv, dass eine Anknüpfung an die geschilderten traditionellen Begrifflichkeiten zu unbilligen Lösungen führen kann.

 

„Virtuelle Mitarbeiter:innen“ – so lautet der Name des Projektes, welches vom Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 der AK Wien gefördert, von Univ.-Prof. Dr. Martin Gruber-Risak geführt und von der wissenschaftlichen Projektmitarbeiterin Mag.a Hannah Lutz – gemeinsam mit ihren beiden Projektassistentinnen Sophia Danzer und Ines Stadler – geleitet wird.

          Digitalisierungsfonds AK Wien: Virtuelle Mitarbeiter:innen | Arbeiterkammer Wien

 

Das Projekt soll die eben angedeuteten Rechtsfragen klären, die in Bezug auf die virtuelle Integration von Mitarbeiter:innen in österreichische Betriebe, die sich idR physisch im Ausland aufhalten und formell bei anderen Arbeitgeber:innen beschäftigt sind, entstehen. Diese soeben erwähnte Integration betrifft die Frage, ob österreichisches Arbeits- und Sozialrecht auf diese Gruppe von Mitarbeiter:innen zur Anwendung kommt. Insbesondere ob bzw. wie weit Mitwirkungsrechte österreichischer Betriebsratskörperschaften hinsichtlich virtueller Mitarbeiter:innen bestehen. Die gesamte Durchführung des Projektes erfolgt anhand engster Zusammenarbeit mit Betriebsratskörperschaften großer österreichischer international tätiger Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Somit werden auch Praxisrelevanz und Praxistauglichkeit der entwickelten Lösungen sichergestellt. Ziel des Projektes ist auch, das generierte Wissen rund um die arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Aspekte betreffend virtuelle Mitarbeiter:innen ausführlich im Rahmen eines Praxishandbuchs zu verschriftlichen.